Jean-François Millet
'Mondbeschienene Schafweide'
um 1860
Öl auf Leinwand
39,5 x 57 cm
Musée d'Orsay, Paris
Aus einer Bauernfamilie nahe dem Dorf Cherbourg stammend, kannte Jean-François Millet (4.10.1814 - 20.1.1875) das Bauernleben, das Land und die Arbeit der Landbewohner wie kaum ein Künstler. Seine Lebenserfahrung fließt in sein Werk ein, man erkennt das Bestreben, ganz nach seiner Prägung, das ursprüngliches Bauernleben wiederzugeben. Er wird zum Schilderer des französichen Bauernstandes schlechthin. Bauern bei der Arbeit auf dem Feld, beim Säen, bei der Ernte, sie werden zu den Protagonisten Millets bekanntester Werke. Ob Schnitterinnen, Ährenleserinnen, Landleute beim Gebet auf dem Feld - er ist stets bestrebt, das ursprüngliche Element der menschlichen Existenz einzufangen.
Auch dieses Bild zeigt den Stand, den Millet zu seinem Motiv machte. Es ist der Schäfer, der sich nachts um seine Tiere kümmert. Ohne Verklärung, fast sachlich, doch voller Mystik, lässt der Maler das idyllische Modlicht die Szenerie, die schlichte flache Landschaft, beleuchten. Die Leiber der Tiere leuchten in ihm auf, den Schäfer formt es zur dunklen Silhouette. Die Verwendung des weichen, sanften Lichts unterstützt die gesammelte Stille und Beschaulichkeit der Szene.
Wir erkennen in diesem Bild schon eine Tendenz Millets, der in seinem späteren Werk sehr zur Zerlegung des Gegenständlichen in farblich abgestufte Flächen neigte.
Er betrieb übrigens nicht wie die anderen Maler die Freilichtmalerei, sondern verarbeitete seine Skizzen im Atelier. Dieses Verfahren erlaubte ihm, die Wirklichkeit aus dem engen Zusammenhang des zufällig Sichtbaren zu lösen und blieb so vor einem allzu hohen Realismus gefeit. Seine Werke seit 1850 sind charakterisiert durch bestimmte Typen, die immer wiederkehren und zu einer fast bildhauerischen Monumentalität gesteigert werden. Zunehmend nahm auch der Hang zur religiösen Mystik in seinem Schaffen zu; die rein naturalistische Wiedergabe der sichtbaren Wirkllichkeit - mehr und mehr transzendiert.